Skip to content

Eine Frage der Kunstfreiheit: Rammstein gegen die Bundesrepublik

06 / 2016
Die Musikgruppe „Rammstein“ nimmt die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) vor dem Landgericht Bonn in Anspruch. Das Landgericht Bonn hat einen Verhandlungstermin im Sommer 2016 anberaumt.
Hintergrund der Klage ist die Indizierung des im 16.10.2009 erschienenen Albums „Liebe ist für alle da“ durch die Bundesprüfstelle. Die Indizierung erfolgte am 05.11.2009, ca. 3 Wochen nach Erscheinen des Albums und stützte sich auf eine Fotografie im Booklet des Albums sowie den Text des Liedes „Ich Tu Dir Weh“. Aufgrund der Indizierung durfte das Album nur noch „unter dem Ladentisch“ verkauft werden (§ 15 JuSchG). Unter Hinweis auf die Indizierung verbot die Stadt Dortmund der Musikgruppe „Rammstein“, das Lied „Ich Tu Dir Weh“ zu singen.
Im Nachhinein wurde in den bereits geführten Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten festgestellt, dass sowohl die Indizierungsentscheidung der BPjM (vgl. Beschluss vom 31.05.2010, Az.: 22 L 1899/09, Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25.10.2011, Az.: 22 K 8391/09, Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.03.2015, Az.: 19 A 8391/09), als auch das Verbot der Stadt Dortmund, das Lied „Ich Tu Dir Weh“ zu singen (vgl. Beschluss des  Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.04.2015, Az.: 19 A 1115/12), rechtswidrig waren.
Nach diesseitiger Auffassung hat die BPjM im Rahmen ihrer Indizierungsentscheidung die ihr – als Bundesoberbehörde – obliegenden Amtspflichten verletzt. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG NJW 1991, 1471 – Josefine Mutzenbacher) darf eine Indizierung durch die BPjM nicht erfolgen, wenn der Gegenstand (hier: das Album „Liebe ist für alle da“) der Kunst dient. Dies geht zurück auf die nach dem Grundgesetz, Art. 5 Abs.3 S.1 GG, garantierte Kunstfreiheit. Das Album „Liebe ist für alle“ dient – ohne jede Frage – der Kunst. Dennoch hat die BPjM nicht die Grundsätze berücksichtigt, die das BVerfG hinsichtlich der zu berücksichtigenden Kunstfreiheit aufgestellt hat.
Somit geht es in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Bonn schlussendlich um eine Frage der Kunstfreiheit und die Frage, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn eine Bundesoberbehörde sich über die Kunstfreiheit hinwegsetzt und das Wirken von Künstlern massiv einschränkt.
Übersicht